Blumenviertel zum „Denkmal des Monats“ ernannt

In diesem Monat wird der historischen bbg-Wohnanlage in Lichterfelde-West eine besondere Würdigung zuteil. Die Denkmalschutzbehörde Steglitz-Zehlendorf ernennt das Blumenviertel zum „Denkmal des Monats“ April 2020.

Wer am S-Bahnhof Botanischer Garten aussteigt und unterwegs zum Botanischen Garten ist, kommt unweigerlich an den reich verzierten, unter Denkmalschutz stehenden Häusern vorbei. Für die Straßenzügen Hortensien-, Lilien-, Tulpenstraße und Hortensienplatz hat der Architekt Hans Kraffert zwei besondere Wohnblöcke als Ensemble geplant und 1927/1928 erbauen lassen.

Aufgrund umfangreicher Fassadenrenovierungen ab 2017 hat sich die bbg zum Ziel gesetzt, auch die Außenanlagen der beiden Wohnblöcke instand zusetzen und aufzuwerten. Die Garten- und Landschaftsarchitektin Mona Kerkow wurde mit dieser Aufgabe betraut. Unter Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde wurde Altes repariert, Historisches wieder aufgebaut, Unzeitgemäßes weitestgehend entfernt und Neuartiges behutsam integriert. Um den im Laufe der Jahre veränderten Nutzungswünschen der Mitglieder Rechnung zu tragen, sind zusätzliche Sitzplätze geschaffen, Spielangebote erneuert und das Angebot an Radstellflächen erweitert worden. Die Arbeiten werden in 2020 abgeschlossen sein.

Vorgärten: Typisch für diese Anlage sind die bis zu 7 m tiefen Vorgärten. Sie liegen etwas erhöht und sind durch breite historische Hochborde mit spitzwinkliger Krone und einer ca. 70 cm hohen Weißdornhecke zum Gehweg hin klar abgegrenzt. Regenwasser der Dächer wird oberirdisch über offene Rinnen durch die Vorgärten über den Gehweg in die Straßen-Vorfluter geleitet. Vor Beginn der Renovierungsarbeiten war das Innere der Beete zweigeteilt, hinten standen Gehölze und Stauden, vorne wuchs Rasen mit Unkraut und Moos. Historische Pläne für die Außenanlagen lagen nicht vor. Die reich gegliederte Außenfassade der Häuser stand daher Pate für die Wiederherstellung der Vorgärten nach der Fassadenrenovierung.

Der Baustoff Klinker, hier in den Farben rotbunt-violett vorkommend, wurde vielfältig vom Architekten eingesetzt. Die Fassaden sind in den sanften Farbtönen beige und altrosa nach historischem Vorbild verputzt worden. Der Klinker taucht traditionell in den Sockelbereichen und wurde bei einigen Gebäudeteilen auch in der Höhe als „Zierband“ für die horizontale Gliederung verwendet. Eine vertikale Rhythmisierung entlang der Straße erfolgt durch Hervortreten von Balkonen und ganzer Gebäudeteile. Mit den letzteren, sogenannten Risaliten betont der Architekt jeweils die Mitte der Wohnblöcke. Von unten bis oben „durchgeklinkert“ erinnern sie mit ihren ausgebildeten Giebeln an hanseatische Klinkerbauten. Eine weitere Besonderheit stellen aufwendig eingerahmte Hauseingänge mit blauen und blaugrünen Zierkeramiken dar.

Repräsentative Fassaden benötigen repräsentative Vorgärten. Die Beete wurden in der Tiefe dreigeteilt und mit einer großflächigen einheitlichen Bepflanzung versehen, um die reich strukturierte Hausfassade zu „beruhigen“. Das hintere Pflanzbeet besteht aus Solitärs und Begleitstauden. Als Begrenzung erhielt es in Anlehnung an die horizontale Klinkerbänderung der Hausfassade ein überwiegend durchgehend geschwungenes Staudenband. Jeder Straßenzug erhielt seine eigene standortgerechte Pflanzenkombination. Für die Auswahl der Pflanzen waren vor allem die Straßenbezeichnungen mit ihren Pflanzennamen Programm. Als Leitpflanzen dienen Hortensien und in der schattigen Tulpenstraße zusätzlich Rhododendren, die von Herbstanemonen, Silberkerzen und Taglilien je nach Straße begleitet werden. Im Rhythmus der Fassadenaufteilung wurden die kürzeren Beete am Hortensienplatz vollflächig bepflanzt. Die Straßenecken und das Ende der Blockrandbebauung wurden durch Säulenbirken und Cotoneaster betont. Wichtig war es, dass die Vorgärten jeder Straßenseite über immergrüne Pflanzen auch im Winter attraktiv bleiben. Die Auswahl der Pflanzensorten richtete sich nach deren Blütenfarbe in Abstimmung mit den in den Hausfassaden auftretenden Farben.

Innenhöfe: Die zwei Wohnblöcke lassen sich als eine „halbe“ Blockrandbebauung mit kleinerem Innenhof und einer geschlossenen Blockrandbebauung mit einem größeren Innenhof beschreiben. Was in den Vorgärten bereits durch Treppen vor den Hauseingängen und durch höhere Klinkersockel in der Tulpenstraße sichtbar ist, tritt in den Innenhöfen noch deutlicher zutage. Die Tulpenstraße liegt im Vergleich zur Hortensienstraße wesentlich tiefer, sodass die Rasenflächen teils mit sehr steilen Böschungen versehen sind. Das Alter der Anlage zeigt sich vor allem in den alten Bäumen wie Birken, Flügelnuß und Linden auf großen Rasenflächen. Historisch ist ein umlaufender Rundweg, der die rückwärtigen Hauszugänge erschließt. Zudem waren alle Rasenflächen wie auch die Vorgärten von einer Weißdornhecke eingerahmt, die im großen Hof teils bis zu 90 % wiederhergestellt werden musste.

Um die Aufenthaltsqualitäten in den Höfen zu erhöhen, wurden extra für diese Anlage Kleinarchitekturen entworfen und eingesetzt. Zugunsten eines Gesamteindruckes der Wohnanlage wurden sie zurückhaltend gestaltet. Verwendete Materialien sind in Farbe und Form den vorgefundenen historischen Vorbildern nachempfunden. Die in „Blattform“ gepflasterten Sitzflächen erhielten einreihige Metallpergolen mit Kletterpflanzen, um die Einsehbarkeit zu verringern. An einem Spielplatz wurde eine marode Klinkerstützmauer abgerissen und nach historischem Vorbild mit den vorhandenen Betonabdeckungen wieder hergestellt und mit einer neuen Glasdach-Pergola versehen. Auch für einzelne Radstellplätze wurden transparente Unterstände ohne Regenrinnen entwickelt. Die Müllplätze waren teils neu zu ordnen und abzuschirmen. Hierfür wurden Klinkermauerscheiben mit historisch nachempfundenen Geländern und neuartige Pergolen auf Klinkerpfeilern mit Metallbögen errichtet.

Lediglich die Radständer waren vorgefertigt und deren Auswahl orientierte sich an den Geländern der Hauseingänge. Sie bestehen aus Rundrohren und stammen vermutlich aus den 60er / 70er Jahre. Alle neuen Metallkonstruktionen sind ansonsten mit Rechteckrohren ähnlich dem Geländer an den Hofzugängen des kleineren Hofes errichtet und in der zurückhaltenden Farbe anthrazit pulver-beschichtet worden. In Anlehnung an die in der Hausfassade verwendeten Klinker wurde eigens eine Mischung aus neuwertigen Klinkern im Reichsformat aus vier verschiedenen Farbprägungen in 20% / 30%-Anteilen zusammengestellt. Denkmalgerecht wurden sie im gleichen Verband verbaut.

Zur Erhöhung der Attraktivität erhielten die Innenhöfe neue Pflanzbeete. Mit der Auswahl blühender, insekten- u. bienenfreundlicher und teils essbarer Pflanzen wurde auch in diesem Punkt die Brücke von einer einheitlichen, historisch besonderen Wohnanlage zu einer Anlage geschlagen, die heute den veränderten Bedürfnissen der Mitglieder und auch der Natur Rechnung trägt.

Weitere Informationen auf der Website vom Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf.

Text: Mona Kerkow

Blumenviertel

Denkmal des Monats

Innenhof mit Spielplatz

Blumenviertel

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