Mühe zahlt sich aus – erste erfolgreiche Mausersegler-Ansiedlungen und Adoption im Pilotprojekt zwischen NABU Berlin und bbg

Mauersegler (Apus apus) sind nicht nur großartige Flugkünstler, welche den Großteil ihres Lebens in der Luft verbringen, in Städten brüten sie auch fast ausschließlich in frei zugängliche Nischen und Hohlräumen an Gebäuden. Um im Mai ihre Brutplätze zu beziehen, legen sie Wegstrecken von rund 10.000 km aus Afrika zurück. Die Tiere sind dabei äußerst standorttreu und kehren immer wieder zu ihren angestammten Lebensstätten zurück.

Mit einem geschätzten Bestand von rund 20.000 Brutpaaren (Witt & Steiof, 2013) weist Berlin die höchste Brutplatzdichte in ganz Deutschland auf und hat damit auch eine besondere Verantwortung für den Erhalt dieser Art. Doch zunehmende Modernisierung von Gebäuden und der daraus resultierende Verlust geeigneter Brutmöglichkeiten stellen ein ernstzunehmendes, langfristiges Problem für den Schutz dieser charismatischen Art dar.

Zusätzlich sind Mauersegler als gebäudebrütende Vögel von den immer häufiger werdenden Extremwetterereignissen in Folge des Klimawandels stark betroffen. Jedes Jahr fallen eine Vielzahl an Jungvögeln verfrüht aus ihrer Bruthöhle.  Die zu hohen Temperaturen verleiten sie dazu, aus der Not heraus die Bruthöhle zu verlassen und einer Überhitzung zu entgehen. Doch ohne die elterliche Versorgung haben die noch nicht selbstständig flugfähigen Küken auf dem Boden keine Überlebenschancen. Eine Vielzahl an Jungvögeln wird jedes Jahr von Bürgern und Bürgerinnen gefunden und der Wildvogelstation des NABU Berlin gemeldet. Die Versorgungsmöglichkeiten sind hier jedoch sehr begrenzt.

In früheren Ausgaben der bbg intern haben wir bereits über eine Initiative der Wildvogelstation des NABU Berlin in Zusammenarbeit mit der bbg berichtet, die bei diesem Problem Abhilfe schaffen soll. Um langfristig Brutstätten für Mauersegler zu schaffen und verwaisten Jungvögeln eine zweite Chance in fremden Mauerseglerfamilien zu ermöglichen, wurden in den beiden vergangenen Jahren mehr als 120 Bruthöhlen im Dachstuhl zweier Wohnanlagen der bbg in Mitte und Reinickendorf installiert. Diese speziell für dieses Adoptionsverfahren konstruierten Brutkästen sind über den Dachstuhl für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der NABU Wildvogelstation zugänglich und nach innen aufklappbar, so dass sich verwaiste Jungvögel vorsichtig dazusetzen lassen. Verwaiste Jungvögel werden in der Regel problemlos von fremden Mauerseglereltern akzeptiert und aufgezogen, solange Faktoren wie Alter, Brutgröße und Zeitpunkt des Zusetzens berücksichtigt werden. Das Adoptionsverfahren stellt die bei Weitem beste Hilfe für junge Mauersegler dar – unter der Bedingung, dass aktive Bruten für Adoptionen verfügbar und bekannt sowie die Nistkästen dafür auch zugänglich sind. Als erste Berliner Initiative dieser Art sollte damit der Grundstein gelegt werden, es dem Team der Wildvogelstation in den kommenden Jahren zu ermöglichen, verwaiste Mauerseglerjungvögel naturnah unterzubringen. Eine komplizierte, zeitintensive und anspruchsvolle Handaufzucht kann so verhindert werden.

Bereits ein Jahr nach Installation in der Reinickendorfer Wohnanlage zeigt das Projekt Erfolg: die ersten Mauersegler haben die Kästen nach ihrer Rückkehr aus Afrika angenommen und das erste Mal gebrütet! In mehreren Kästen brüten aktuell Mauersegler und ziehen ihre Jungtiere groß. Zum ersten Mal konnten mit diesen Voraussetzungen daher auch verwaiste Jungvögel Anfang Juli 2024 von diesen neuen Mauerseglerfamilien adoptiert werden. Da die Etablierung neuer Kolonien teils mehrere Jahre dauern kann, ist die schnelle Ansiedlung und erste Adoption ein großes Erfolgserlebnis. Die NABU Wildvogelstation geht davon aus, dass mehr und mehr Mauersegler in den kommenden Jahren die neuen Kästen zum Brüten nutzen und somit immer mehr Adoptionsmöglichkeiten für verwaiste Jungvögel entstehen werden.

Nicht nur Mauersegler, sondern auch andere Wildvogelarten wie Haussperling, Star oder Kohlmeise haben in den Kästen oder anderen Wohnanlagen der bbg ihr Zuhause gefunden. Seit mehreren Jahren brütet ebenfalls ein Turmfalkenpaar auf einem Fenstersims im Dachgeschoss der Reinickendorfer Wohnanlage. In diesem Jahr sind die 3 Jungvögel bereits erfolgreich ausgeflogen. Einblicke in die Turmfalkenfamilie gibt es zum Beispiel über folgenden Link: Turmfalken brüten in Reinickendorf (youtube.com)

Das Kooperationsprojekt der NABU-Wildvogelstation und der bbg zeigt einmal mehr, dass praktischer Natur- und Artenschutz im urbanen Raum in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird und erfolgreich umgesetzt werden kann. Die Zusammenarbeit von Naturschutzorganisationen wie dem NABU Berlin mit Berliner Hausverwaltungen wie der bbg ist wichtig, um Berliner Bürger und Bürgerinnen für die Herausforderungen für Gebäudebrüter zu sensibilisieren. Sie kann und muss aber vor allem dazu beitragen, Mauersegler und andere Wildvogelarten nachhaltig zu schützen.

Marc Engler – Leiter der NABU Wildvogelstation Berlin und Mitglied der bbg

 

Abb. 1 (über dem Text): Ein junger Mauersegler wird behutsam zu seinen neuen gleichaltrigen Geschwistern gesetzt.

 

 

Abb. 2: Etwa 16 Tage alter, verwaister Mauerseglerjungvogel kurz vor der Adoption in eine neue Familie. Marc Engler, Leiter der Wildvogelstation des NABU Berlin, vermisst den Vogel und legt einen Ring an den Fuß des Tieres an. So lässt sich nachvollziehen, ob die Adoption erfolgreich war.

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 3: Die Elterntiere versorgen und füttern den Findling mit, bis er mit etwas 42 Tagen den Kasten das erste mal verlässt.